Sind amazon und zalando böse Versandhändler?

Ich habe bei youtube zwei sehr interessante Dokus zum Thema Versandhandel gefunden. Eine lief in der ARD, die andere im ZDF. Öffentlich-rechtlicher Qualitätsjournalismus, sollte man meinen. Das stimmt aber nur bedingt. Gerade die ZDF-Doku weist Fehler und sehr fragwürdige Standpunkte auf.

Kommen wir zuerst zur Doku über amazon, den größten Versandhändler der Welt. Dieser unterhält große Logistikzentren in Bad Hersfeld, Koblenz und Augsburg. Zur Weihnachtszeit arbeiten 10.000 befristete Arbeiter bei amazon, in Koblenz wurden in dieser Hochzeit des Versandhandels 3100 der 3300 Beschäftigten befristet eingestellt. Viele Menschen werden aus dem Ausland in Bussen zu amazon gekarrt und schlafen für die Dauer ihres Aufenthalts mit mehreren Mitarbeitern in einem Bungalow.

Von ihrer Unterkunft werden die Menschen mit Bussen zu den entsprechenden amazon-Logistikzentren gekarrt. Kommen die Busse zu spät, bekommen die Menschen diese Zeit nicht als Arbeitszeit bezahlt. Amazon beschäftigt angeblich gerne Arbeitskräfte aus dem Ausland, da diese die Sprache nicht sprechen und nicht aufmucken, da sie im Verhältnis zu armen Ländern wie Polen gut verdienen.

Skandalös finde ich den beschriebenen Vorgang, dass amazon den Menschen erst versprach, diese für 9,68 Euro direkt zu beschäftigen, dann jedoch sagte, dass man sie über eine Zeitarbeitsfirma zu ähnlichen Bedigungen einstellen würde. So wurden die ausländischen Zeitarbeiter aus Ländern wie Spanien nach Deutschland gekarrt, wo man ihnen dann einen Vertrag mit 8,52 Euro Stundenlohn zur Unterschrift vorlegte – einen deutschen Vertrag, den die Gastarbeiter nicht verstanden.

Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Security-Firma, die die Leiharbeiter beim Essen im Speisesaal der Unterkunft überwacht und wohl sogar in deren Unterkünfte eindringt und sie kontrolliert. Offenbar haben Mitarbeiter der Security-Firma, von der sich amazon mittlerweile getrennt hat, Sympathien für die rechte Szene, jedenfalls legen Jacken mit der Neonazi-Marke Thor Steinar den Verdacht nahe. Zwei Mitarbeiter der Security-Firma bedrohen später sogar noch die Reporter.

Mein Fazit: Die Doku enthält viele Dinge, über die man sich Gedanken machen kann. Ist es okay, 10.000 Menschen nur vorübergehend fürs Weihnachtsgeschäft einzustellen? So ist der Kapitalismus leider, in der Menschen für die Entscheidungsträger nur einen Kostenfaktor darstellen. Werden diese Menschen ausreichend bezahlt? Auf keinen Fall, gerade solch ein kurzfristiges Engagament sollte einen im Vergleich zu Festangestellten höheren Lohn beinhalten. Was ist zu der Security-Firma zu sagen? Sie machen ihrem Ruf alle Ehre. Breitgebaute Typen, die wenig in der Birne haben und mit ihrem Verhalten amazon einen erheblichen Imageschaden zufügen.

 

Dann gibt es da noch eine weitere Doku zu zalando. Auch amazon ist hier am Rande ein Thema. Diese hat mir gar nicht gefallen. Oberflächlich recherchiert mit fragwürdigen Schlussfolgerungen, teilweise sogar mit falschen Behauptungen. Dazu später mehr.

Zalando ist ein Versandhändler, der neben Schuhen mittlerweile auch Kleidung verkauft und mehrere Millionen Euro im Monat in Werbung investiert. Das Ziel der Doku wird schnell klar: Sie soll zeigen, dass zalando Menschen ausbeutet und wenig Geld für harte Arbeit zahlt. Dazu schmuggelt der Journalist Marc Rosenthal einen Undercover-Arbeiter in der Firma ein. Dieser sieht einen überfüllten Aufenthaltsraum und schmutzige Toiletten, die sich in der Mitte einer Arbeitshalle befinden. Mehrere hundert Menschen benutzen diese sanitären Anlagen. Die Menschen dürfen nicht sitzen während der 7,5 Stunden-Schicht.

Der Undercover-Mann fühlt sich von seinen Vorgesetzten kontrolliert. Die Schichtleiterin macht ihm mit freundlichen Worten klar, dass sie ab dem dritten Tag eine Steigerung bei der Zahl der bearbeiteten Retouren erwarte. Falls er dies nicht schaffe, werde er eventuell in einem anderen Bereich eingesetzt. Daraufhin bricht der Undercover-Mann das Experiment ab.

Ich denke, mein monotoner Schreibstil macht deutlich, wie schlecht ich diese “Doku” finde. Hier verfolgte der Macher dieser Doku einseitig das Ziel, irgendwo etwas “Belastbares” gegen zalando zusammenzutragen. Zielvorgaben gehören auch an anderen Arbeitsplätzen zum Alltag und solange sie gut erreichbar sind und freundlich vorgebracht werden, halte ich sie für absolut legitim. Dies scheint mir hier der Fall zu sein. Was für Anforderungen stellen die Macher dieser Sendung an die Firma, frage ich mich? Vielleicht leben sie in einer Parallelwelt, in der jeder machen kann, was er will und dafür gut bezahlt wird? Hier werden Kleinigkeiten aufgebauscht, auch die Geschichte mit dem Klo gehört aus meiner Sicht dazu.

Zu dieser einseitigen Berichterstattung passt, dass immer, wenn mit der versteckten Kamera Aufnahmen aus der zalando-Halle gezeigt werden,  eine bedrohliche Musik eingespielt wird. Auch zalando beschäft viele Zeitarbeiter, etwa ein Drittel stammt aus dem Ausland, vor allem aus Polen. Zalando zahlt den Ost-Mindestlohn von 7,01 Euro, für Polen bedeutet das einen verhältnismäßig guten Verdienst.

Um auch mal etwas Positives zu diesem Fernsehprodukt zu äußern: Zalando beschäftigt anscheinend regelmäßig Schnupperpraktikanten, laut dem Informanten immer 10, die im Betrieb reguläre Arbeit verrichten, aber weiter vom Arbeitsamt bezahlt werden. Das ist ein absolutes No-Go und moralisch verwerflich von zalando.

Die Doku verbreitet die Unwahrheit, als eine Frau sagt, dass zalando jedes Mal Geld an google zahle, wenn ein Mensch in kurzen Zeitabständen immer wieder auf ein bezahltes Suchergebnis klickt. Das ist natürlich Unsinn, denn so könnte ein Konkurrent von zalando auf dessen Werbeanzeigen klicken und dem Unternehmen auf einfache Art und Weise schaden.

Ebenso bedenkenswert finde ich die Aussage eines Wissenschaftlers, dass der Staat bei einem Lohn von 7,01 Euro den entsprechenden Arbeiter subventionieren müsse: Wenn eine Person in Vollzeit arbeitet, verdient sie bei 160 Stunden im Monat 1120 Euro brutto. Da muss der Staat nichts aufstocken. Trotzdem bleibt die Bezahlung sehr gering.

Alles in allem finde ich die Doku schwach. Was natürlich nichts daran ändert, dass es Sinn macht, sich über bestimmte Fragestellungen Gedanken zu machen. Ich kann es aber nicht leiden, wenn Kleinigkeiten hochstilisiert werden und auf die wirklich interessanten Dinge (verdient ein Zeitarbeiter angemessen? Ist es ok, Zeitarbeiter zu beschäftigen?) nicht eingegangen wird.

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3 Gedanken zu „Sind amazon und zalando böse Versandhändler?“

  1. ” Wenn eine Person in Vollzeit arbeitet, verdient sie bei 160 Stunden im Monat 1120 Euro brutto. Da muss der Staat nichts aufstocken. Trotzdem bleibt die Bezahlung sehr gering.”

    Ich will deinen Traum nicht zerstören, aber ich bekomme netto mehr ALG 2 als diese 1120 Euro brutto. Und der große feine Unterschied ist: Ich bin zu Hause und muss mir nicht für irgendwelche Möchtegern-Kapitalisten den Rücken krumm machen. Habe ich viel Zeit um CFD/Forex-Trading in Demokonten zu lernen -> das ist der wirkliche Turbokapitalismus; dank großen Hebel kann man da richtig Asche verdienen.

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    • Servus, sorry für das späte Freischalten. Wie kann das sein, dass du mehr ALG II, auch als Hartz 4 bekannt, bekommst, als wenn du für 1120 brutto arbeiten gehst? Spielt da Kindergeld irgendeine Rolle?

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      • Das hat auch damit was zu tun wo man wohnt, wegen der Miete. Region Stuttgart ist nun mal ein teures Pflaster. Es ist aber nicht arg viel mehr. Wenn Kinder, dann wird es noch mehr. Aber in dem Betrag ist natürlich Krankenkasse drin. Also nicht ganz wirklich netto.

        8,52 Euro Stundenlohn ist doch sogar noch mehr als 8,19 Euro Stundenlohn, den man als Lagerknecht über einem Sklavenhalter bekommt. Aber dieses menschenverachtende ALG II hat genauso System wie der Multi-Kulti-Faschismus, der Feminismus und vieles andere mehr. Nämlich um die BRD-Nation im Inneren zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen.

        Einfach mal den Text in diesem Video lesen: http://youtu.be/LjfD62Cujds

        Das aber immer mehr Leute am ALG I/II Tropf hängen sind, da sind viele Konsumenten aber auch selber schuld. Wer lieber 5 Euro für ein T-Shirt aus Asien bei KIK zahlt als 30 Euro bei Trigema (made in germany). Der darf sich nicht wundern, wenn immer weniger Leute Geld haben. Ist halt ein Kreislauf nach unten. Wenn ich dt. Produkte kaufen, dann kommt eher wieder Geld zurück zu mir als wenn ich Asia-Crap kaufe.

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