Die Bahncard und andere Angebote der Bahn: Teil II, Die Sicht der Bahn

Im letzten Artikel habe ich beschrieben, für welchen Typ Bahnfahrer sich die Bahncard lohnt. Nun kommen wir zu der Frage: Wie profitiert die Deutsche Bahn vom Angebot einer Bahncard? Dabei möchte ich auch darauf eingehen, warum die Bahn weitere Angebote wie Sparpreise, Lidl-Tickets, Gruppentickets und andere Sondertarife im Angebot hat.

Der Bahnsektor zeichnet sich durch eine sehr interessante Eigenschaft aus: Die Bahn und ihre privaten Konkurrenten legen für eine längerfristige Periode ihre Fahrpläne fest. Damit kann der Kunde davon ausgehen, dass die Züge zu den angegebenen Zeiten auf den Strecken verkehren. Für den Zeitraum, für den die Fahrpläne feststehen, sind damit die Kosten von Bahn und privaten Mitstreitern fast vollständig vorgegeben, denn der durchschnittliche Fahrgast verursacht für die Bahn nur sehr geringe Zusatzkosten, wenn er mitfährt. Man kann nämlich davon ausgehen, dass der zusätzliche Strom- oder auch Dieselverbrauch der Züge pro Fahrgast sehr gering ist. Auch sonstige Kosten, wie etwa die der Reinigung der Zugabteile, sind eher als fix anzusehen, denn die Reinigungskräfte dürften in jedem Fall einmal durch den gesamten Zug wischen. Das bedeutet, dass der zusätzliche Fahrgast auch bei den Reinigungskosten kaum zu Buche schlägt. Vermutlich entstehen die größten Kosten pro durchscnittlichem Fahrgast sogar durch Sachbeschädigung.

Was folgt für die Bahn aus der Tatsache, dass die zusätzlichen Kosten für jeden weiteren Fahrgast sehr gering sind? Jeder Fahrgast, der einen kleinen Mindestbetrag bezahlt, trägt dazu bei, das Ergebnis der Bahn zu verbessern. Preisdifferenzierung ist daher eine sehr wirksame Strategie, um auch Personen, die nicht bereit sind, hohe Preise zu bezahlen, in die Züge zu holen. Preisdifferenzierung heißt: Unterschiedliche Konsumenten zahlen unterschiedliche Preise.

Daher kostet die Bahncard 50 für Studenten, die im Durchschnitt eine geringere Preisbereitschaft haben als Normalverdiener, auch nur 120 statt 240 Euro. Aus diesem Grund verkauft die Bahn auch ca. 2x im Jahr Tickets beim Discounter für wenig Geld. Eine weitere Form von Preisdifferenzierung stellen Gruppentickets dar, die den Gruppenmitgliedern oft sehr hohe Rabatte gewähren.

Die Bahncard ist eine besondere Art der Preisdifferenzierung, denn sie erlaubt dem Besitzer jede Fahrt mit einem festen Rabatt bestreiten zu können. Durch eine Bahncard gibt sich ein Bahnkunde als Vielfahrer zu erkennen und bekommt dadurch quasi einen Mengenrabatt. Die Bahn profitiert zusätzlich dadurch, dass viele Bahncard-Inhaber durch ihre Rabatte dazu verleitet werden, zusätzliche Bahnfahrten vorzunehmen.

Bei ihren Preisdifferenzierungsstrategien muss die Bahn jedoch aufpassen, dass sie ihre eigenen Produkte nicht kannibalisiert, d.h. sie muss berücksichtigen, dass die Nachfrage nach eigenen Produkten durch neue Sonderangebote abnimmt. So werden beispielsweise auch viele Stammkunden der Bahn auf die Discounter-Tickets zurückgreifen, d.h. der Bahn entgehen durch dieses Verhalten zusätzliche Einnahmen, die sie beim Verkauf der ,,normalen” Tickets realisiert hätte. Bei jedem neuen Angebot muss die Bahn daher darauf achten, dass dieser Kannibalisierungseffekt nicht so groß ist, dass sich das neue Produkt nicht rechnet.

 

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