Anhand eines kleinen, privaten Radiosenders erläutere ich, nach welchem Schema viele Radiosender ihr Programm gestalten. Als Betroffenem liegt mir dieses Thema besonders am Herzen.
Zunächst einmal zu dem Sender, auf den ich mich beziehe. Er heißt Radio WMW, was für Radio Westmünsterlandwelle steht. Er ist also eher ein regionaler Sender, der zum Teil auch regionale Nachrichten sendet.
Nun zum wesentlichen Bestandteil des WMW-Programms: Das ist dann insgesamt wohl noch knapp die Musik. Um es vereinfacht auszudrücken: Es laufen jeden Tag fast haargenau die gleichen Lieder. Ich möchte ein paar Beispiele nennen: Mindestens 1x in den 6 Stunden läuft: ,,An Tagen wie diesen” von den Toten Hosen, ,,I follow rivers”, ,,Don’t wake me up” und M&F von den Ärzten. Es gibt noch unzählige mehr, deren Namen ich nicht kenne und auch gar nicht kennen will.
Letzten Freitag lief plötzlich ein Elektro-Lied und ich konnte erst nicht glauben, dass immer noch der gleiche Radiosender läuft. Es war genau ein Lied, das vollkommen aus der Reihe tanzte, wo irgend jemand von diesem Radiosender wohl all seinen Mut zusammengenommen haben muss, um den Hörer aus seinen (primitiven) Hörgewohnheiten zu wecken. Danach lief dann wieder M&F von den Ärzten, gefolgt vom weiteren üblichen und monotonen Einheitsbrei.
Jetzt könnte man sich freuen, dass eben nicht nur Musik gespielt wird, sondern z.B. 2x pro Stunde Nachrichten kommen. Diese werden jeweils zur vollen und halben Stunde vorgelesen. Ein sehr interessanter Punkt. Ich vermute mal, das so oft Nachrichten gesendet werden, weil die arbeitende Bevölkerung so besser durch den Tag kommt. Man hangelt sich halt von Nachrichten zu Nachrichten, und schon ist der Arbeitstag rum. Vielleicht liege ich auch falsch und die arbeitende Bevölkerung macht keinen so großen Teil der Zielgruppe des Senders aus und man möchte stattdessen den Autofahrern, die nur kurz mal Radio hören, die Möglichkeit bieten, Nachrichten zu hören. Vielleicht weiß ein Leser dieses Blogs genaueres und postet es in den Kommentaren. Schließlich senden viele Radiosender im Halbstunden-Rhythmus Nachrichten.
Wenn nicht gerade Nachrichten gesendet werden, dann wird die Musik entweder von Werbung unterbrochen oder aber es wird in sehr kurzen Beiträgen ein Thema aus Gesellschaft und Politik angesprochen. Aber nur sehr kurz, denn auch hier möchte man den typischen Radiohörer ja nicht überfordern.
Von Zeit zu Zeit hat dieser Radiosender auch Gewinnspiele im Angebot: Dazu rufen die Hörer eine Telefonnummer an, wobei der Anruf 50 Cent kostet. Ein glücklicher Hörer hat dann die Chance, in die Sendung durchgestellt zu werden und Geld zu gewinnen. Aus meiner Sicht eine recht dubiose Methode, um Geld zu scheffeln, die ein wenig an die Call-In-Abzocke aus dem Fernsehen erinnert.
Mein Fazit: Ein Sender, der wenig Identität besitzt, sondern sich scheinbar fast ausschließlich danach richtet, möglichst viele Zuhörer zu bekommen und dadurch sein wirtschaftliches Ergebnis zu optimieren (steigende Werbeeinnahmen + mehr Anrufer bei Gewinnspielen je größer die Hörerschaft). Dieser Sender steht stellvertretend für die Gattung Mainstream Radio. Jetzt mag man einwenden: Ein regionaler Sender hat mglw. nicht viele andere Möglichkeiten, als eben beschriebenen Weg zu gehen. Vielleicht hört ein Großteil der Zuhörerschaft ja auch nur wenige Minuten am Tag Radio und ist dann froh, wenn ein Lied direkt ins Ohr springt. Auch hier wäre ich um Aufklärung eines Lesers dankbar, ob der typische Radiokonsument tatsächlich nur kurz einschaltet und deshalb viele Sender ihr Programm darauf ausrichten.