Deutschland gegen Südkorea 0-2. Glückwunsch an Leute, die auf Südkorea getippt haben? Ich sage nein. Wesentlich sinnvoller war der Tipp auf Deutschland. Angesichts des deutlich stärkeren deutschen Teams erwarteten die Buchmacher, dass Deutschland ungefähr fünf von sechs Spielen gewinnen würde.
Schaut man sich den Verlauf von Tippspielen einmal genauer an, so fällt auf, dass einige Leute mehr Erfolg haben als andere. Geschick spielt also sehr wohl eine Rolle beim Tippen von Fußballergebnissen.
In Tippspielen werden meist die Leute vorne zu finden sein, die sich weniger auf ihr Bauchgefühl, als auf statistische Daten verlassen.
Vorab sei gesagt: Bei dieser WM gibt es ein einziges Ergebnis, das in fast allen Spielen den richtigen Tipp darstellt…
Was Tippspiele angeht, so werde ich zeigen, dass Teilnehmer sehr konkret errechnen können, welcher Tipp auf lange Sicht die meisten Punkte generiert. Es können Erwartungswerte für die einzelnen Ergebnistipps gebildet werden, wenn ich weiß, mit welchen Wahrscheinlichkeiten die einzelnen Ereignisse eintreten.
Doch woher weiß ich, wie wahrscheinlich ein 1-0-Sieg von Deutschland gegen Südkorea ist? Ein erster Schritt wäre hierbei, sich die Wettquoten von Buchmachern anzusehen. Wettanbieter berechnen ihre Wettquoten im Wesentlichen auf Basis von Eintrittswahrscheinlichkeiten. Weil jedoch Buchmacher Gewinne erzielen wollen, werden ihre Quoten im Durchschnitt zu gering ausfallen. Dadurch würden wir die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Ereignis (=1/Dezimalquote) überschätzen.
Das führt uns im nächsten Schritt zu Wettbörsen. Hier bildet sich, analog zu Aktienmärkten, ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Es entstehen Quoten, die einen guten Richtwert für die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ergebnisses bieten.
Beispiel: Beim Spiel Deutschland gegen Südkorea bildete sich eine Gleichgewichtsquote von 9,7 für den Ergebnistipp 1-0. Der Tipper erhielte bei 10 Euro Einsatz 97 Euro bei korrektem Tipp. Die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis liegt bei 1/9,7=10,3 Prozent.
Wettbörsen liefern gute Anhaltspunkte für Wahrscheinlichkeiten
Wenn wir nun für die Ergebnisse eines Fußballspiels Wahrscheinlichkeiten haben, können wir berechnen, welcher Tipp den größten Erwartungswert besitzt. Wir errechnen also, wie wir auf lange Sicht die maximale Anzahl an Punkten erzielen. Dazu multiplizieren wir die Wahrscheinlichkeit des Resultats mit den Punkten, die uns entsprechender Ergebnistipp einbringen würde. Im Folgenden einmal einige grundlegende Wahrscheinlichkeiten für das Spiel Südkorea gegen Deutschland.
Ich habe mittels Excel für vier verschiedene Konstellationen Erwartungswerte berechnet. Das Spiel eines haushohen Favoriten (Deutschland gegen Südkorea), das Spiel eines hohen Favoriten (Belgien vs Japan), ein Duell mit einer leicht favorisierten Mannschaft (Kroatien vs Dänemark) und ein ausgeglichenes Spiel (Schweden vs Schweiz). Wir betrachten dabei jeweils nur die Tipps auf den Favoriten und Unentschieden, weil ein Tipp auf den Außenseiter automatisch zu geringeren Erwartungswerten führt.
Betrachtete Spiele
Hier die Ergebnisse:
1) Südkorea vs Deutschland (Deutschland klarer Favorit)
Das 0-2 ist hier der minimal bessere Tipp als 0-1. Das 0-2 sollte auf lange Sicht etwas mehr als zwei Punkte bringen. Der beste Unentschieden-Tipp, 1-1, bringt nur 0,37 Punkte pro Spiel.
Hierbei galt folgende Punkteregel:
Bei unserem Tippspiel gab es eine abweichende Punkteregel für die Partien ab dem Achtelfinale. Folgende Punktevergabe gilt also für die drei restlichen ausgewählten Spiele.
2) Belgien vs Japan
Belgien war im Vergleich zu Deutschland gegen Südkorea hier nicht ganz so hoher Favorit. Das macht sich in einer Umkehrung der Reihenfolge der Ergebnisse bemerkbar. Das 1-0 ist hier dem 2-0 minimal vorzuziehen. Weiterhin weit abgeschlagen liegt der Tipp aufs Unentschieden.
3) Kroatien vs Dänemark
Erwartungsgemäß nimmt die Differenz zwischen 1-0 und 2-0 zu, wenn der Stärkeunterschied zwischen den Mannschaften abnimmt. In diesem Spiel versprach der Tipp auf 0-0 einen höheren Erwartungswert als das 1-1.
4) Schweden vs Schweiz
Nun zum Spiel zwischen fast gleich starken Mannschaften. Macht hier der Tipp auf das Unentschieden Sinn? Man macht zumindest nur wenig falsch damit, denn das 0-1 besitzt nur einen minimal höheren Erwartungswert.
Fazit: 1-0 ist fast immer optimal
Selbst bei einem haushohen Favoriten ist das 1-0 ein guter Tipp und fast genauso gut wie das 2-0. In allen anderen Fällen maximiert ein 1-0 auf den Favoriten den Erwartungswert. Im Falle von zwei fast gleich starken Mannschaften stellt der Tipp aufs Unentschieden (in den meisten Fällen 1:1 statt 0:0) eine fast gleichwertige Alternative zum 1-0 dar.
Es empfiehlt sich also vor einem Spiel, kurz zu recherchieren, wie die Buchmacher die Chancen der beiden Mannschaften einer Paarung sehen. Mit einem 1-0 auf den Favoriten hat man maximal einen kleinen Nachteil hinsichtlich des Erwartungswerts (wenn der Gegner großer Außenseiter ist)
Angesichts von nur 64 zu tippenden Spielen ist der Zufallsfaktor bei einem WM-Tippspiel selbst bei optimaler Tippweise hoch. Das ist der Grund dafür, dass der Autor beim Infas-Tippspiel 2018 vermutlich nicht den Sieg davontragen wird.
Bei Bundesligatippspielen gewinnt aufgrund der höheren Anzahl an Spielen meist der reine Erwartungswerttipper, wenn seine Mitspieler häufiger mal vom Optimum abweichen. Es könnte jedoch sein, dass in der Bundesliga mehr Tore pro Spiel fallen und das 2-1 häufiger einem 1-0 vorzuziehen ist. Auch andere Tipps wie 2-0 und 3-0 sollten eine größere Rolle spielen.
Für alle, die die Rechnungen nachvollziehen wollen, habe ich hier die entsprechende Excel-Datei.