An vielen Uni-Mensen gibt es einmal im Jahr Gratis-Tüten, mit allerlei Produktproben. Meist bekommt man kleine Instant-Kaffeemischungen oder ein paar Bonbons. Aber gleich ein Rasierer von Gillette? Ist der nicht viel zu wertvoll, um ihn in einer Gratistüte zu verschenken? Oder steckt ein handfestes wirtschaftliches Interesse des Herstellers dahinter?
Ähnliche Mechanismen findet man in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen. In einem Werbeprospekt habe ich eine Espresso-Maschine für knapp 30 Euro gesehen (das war auch der Auslöser für diesen Artikel). Tintenstrahl-Drucker werden zum Teil ebenfalls zu sehr günstigen Preisen verkauft, die nicht kostendeckend sein können. Ein weiteres Beispiel sind die gängigen Spielkonsolen, welche oft,obwohl sie manchen Menschen noch zu teuer erscheinen mögen, auch nicht zu Preisen angeboten, die die Kosten der Herstellung abdecken.
Die Meisten werden es sicher schon geahnt haben: Es sind die Folgekosten der hier aufgezählten Produkte, die für den Verbraucher stark zu Buche schlagen. Bei Markenrasiern sind typischerweise die Rasierklingen fast so teuer, wie der neue Rasierer im Laden kostet. Bei Druckern sind die Druckerpatronen oft so teuer, dass man sich gleich einen neuen Drucker (inkl. Patronen) kaufen könnte. Hier versuchen die Hersteller alles, um den Markt des Folgeproduktes exklusiv für sich zu beanspruchen. Ich habe etwa einen Drucker von Canon, der sehr günstig war. Cannon hat die Druckerpatronen mit einem speziellen Chip ausgestattet, der benötigt wird, damit der Drucker die Patronen erkennt. Canon sieht es natürlich überhaupt nicht gern, dass es möglich ist, günstige Patronen von Drittanbietern zu kaufen, auf denen man die Chips von den Original-Patronen anbringen kann.
Bei der Espresso-Maschine für 30€ habe ich mir mal angeschaut, was die für den Betrieb benötigten Kapseln kosten: Bei ebay wurden umgerechnet etwa 30 Cent für eine Kapsel gezahlt. Wenn man den Espresso jedoch anderweitig mit Espressobohnen statt Kapseln zubereitet, fallen nur etwa 10 Cent Rohstoffkosten pro Tasse an.
Ein ähnliches Prinzip bei den Spielkonsolen: Der Hersteller der Spielkonsolen macht durch den Verkauf der Konsolen in den meisten Fällen Verlust. Für Sony, Nintendo und Microsoft macht es dennoch Sinn, ihre Spielkonsolen so günstig anzubieten, da sie Spiele für ihr System sehr teuer verkaufen können bzw. durch Lizenzgebühren, die sie von anderen Herstellern bei Spielen für die eigene Konsole erheben, an deren Titeln mitverdienen.
Zusätzliche Kundenbindung durch manche Produkte
Spielkonsolen und Drucker unterscheiden sich jedoch von Rasiern in einem Punkt: Obwohl Spielkonsolen zu Preisen unter den Herstellungskosten verkauft werden, sind die Ausgaben für den Konsumenten im Vergleich zu den (oft kostenlosen) Rasierern und den günstigen Druckern immer noch recht hoch und betragen meist mehrere hundert Euro. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten für die Konsole werden Käufer der Konsole vergleichsweise länger treu bleiben, als Konsumenten ihren Nass-Rasierern, denn Konsolen können nur mit hohem Verlust verkauft werden, während der kostenlose oder sehr billige Rasierer einfach weggeworfen und ein neuer gekauft wird. Drucker dagegen haben keine hohen Anschaffungskosten, aber es bedeutet einen gewissen Aufwand einen neuen Drucker zu kaufen und einzurichten. Daher wird auch Käufer eines Druckers diesen nicht so schnell verkaufen oder entsorgen.
In der Wirtschaft nennt man dies einen ,,Lock-In-Effekt“, denn Käufer von Konsolen und Druckern sind an ihr Gerät ,,gebunden”.Dies bedeutet für den Hersteller des Geräts eine gewisse Marktmacht, sofern er die Produkte auf dem Folgemarkt exklusiv anbietet oder an ihnen mitverdient.. So kann etwa ein Konsolenhersteller, sobald er eine hohe Menge an Spielgeräten verkauft hat, die Lizenzgebühren für andere Spielehersteller erhöhen (vorausgesetzt dies ist aus Sicht der Wettbewerbsbehörden unbedenklich).
Für den Verbraucher ist wichtig: In vielen Bereichen, etwa bei Druckern und Espresso-/ Kaffeemaschinen hat der Verbraucher eine Wahlmöglichkeit zwischen günstigen Geräten, die hohe Folgekosten haben und teuren Geräten, die geringe Folgekosten haben. So eignen sich beispielweise die günstigen Drucker eher, wenn man nur wenig druckt, während große Betriebe auf hochpreisige Laserdrucker setzen, die sich trotz hoher Anschaffungskosten aufgrund der enormen Anzahl gedruckter Seiten rechnen.