Eine Analyse des Online-Pizza-Markts

In der letzten Zeit häufen sich die Rabattangebote von Online-Bestellplattformen wie Lieferando, Lieferservice und Lieferheld. Dabei werden in vielen Fällen Neu- und Bestandskunden satte Rabatte von teilweise über 50% des Bestellwerts angeboten. Wieso herrscht ein derart starker Wettbewerb auf dem Markt für Online-Pizza?

Zunächst einmal dazu, was diese Pizza-Dienste eigentlich anbieten: Über die Websites dieser Bestellplattformen können Personen bei verschiedenen Pizzerien, die sich in der Umgebung des Bestellenden befinden und mit der Plattform zusammenarbeiten, Pizza bestellen. Dazu muss sich der Kunde mit seinen  Adressdaten beim Vermittler registrieren. Wenn man so will sind Lieferando&Co also Vermittler, die die Bestellungen von Privat- und Firmenkunden an die Pizzerien weiterleiten. Der Kunde spart sich den Griff zum Telefon und ordert sein Essen bequem übers Internet. Zudem hat er den Vorteil, dass er neben Barzahlung weitere Zahlungsmöglichkeiten wie Paypal oder Sofortüberweisung zur Verfügung hat Der Vermittler kassiert für seine Vermittlungstätigkeit Geld von den Pizzerien, vermutlich einen gewissen prozentualen Anteil des Rechnungsbetrages.

Bild: Pizzen werden immer häufiger online bestellt

 

Was haben die einzelnen Pizzerien von diesem Vermittlungsdienst? Sie könnten ja auch einfach sagen, dass sie weiter über das Telefon angerufen werden wollen und sich die Kosten, die durch die Provisionen an die Webseiten entstehen, sparen. Der erste Vorteil für die Pizzerien liegt in den zusätzlichen Kunden, die das Internet generiert. Manch ein Kunde mag es nicht, zu telefonieren und bestellt lieber ohne persönlichen Kontakt über den Vermittler. Dabei ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht deutlich effizienter, wenn zentrale Plattformen die Online-Bestellmöglichkeit anbieten, als wenn jede Pizzeria für sich diese Option anbietet. Viele Pizzerien haben nicht einmal eine Homepage, also würde es sich für die allermeisten Pizzerien nicht lohnen, auf eigene Faust sowohl eine Homepage zu errichten und zusätzlich Onlinebestellung anzubieten.

Noch deutlich wichtiger ist der Aspekt, dass Werbung über zentrale Bestellplattformen deutlich leichter an den Mann bzw. die Frau zu bringen ist. Pizza-Fans registrieren sich auf den Plattformen und die Vermittler erhalten u.A. die Mailadresse ihrer Kunden und können so per elektronischer Post gezielt Werbung an die Zielgruppe übermitteln. Im Gegensatz dazu haben einzelne Pizzerien die vollständigen Daten ihrer Kunden nicht vorliegen. Erstens gestaltet es sich umständlich, die Daten von Kunden wie Adresse, Name, usw. aufzunehmen und zu ordnen und zweitens erhält man bestimmte Daten, wie E-Mailadresse, nur durch Nachfrage am Telefon oder an der Haustür, was Kunden ablehnen könnten. Da ist es viel einfacher, wenn Kunden ihre Daten selbst zur Verfügung stellen. Die Möglichkeit, gezielt Werbung bei Personen zu machen, die bereits bestellt oder sich registriert haben, sorgt dadurch für zusätzlichen Umsatz für jede einzelne Pizzeria und erklärt die hohen Rabatte für Neukunden. Erst heute habe ich etwa eine Mail von Lieferheld bekommen, die mir die drei besten Restaurants in meinem Bezirk vorzustellen.

Die drei besten Restaurants wurden anhand von Bewertungen der Pizzakonsumenten ermittelt. Jede Bestellplattform hat nämlich ein solches Bewertungssystem. Hier können Konsumenten, nachdem sie ihre Pizzen, Salate, etc. konsumiert haben, die Pizzeria bewerten. In den meisten Fällen werden die Pizzabäcker übrigens gut bewertet, was auch damit zu tun haben dürfte, dass der Verbraucher über diese Plattformen momentan oft mit satten Rabatten, also stark subventioniert sein Essen bestellt, und deshalb zufriedener mit seinem Restaurant ist. Diese guten Bewertungen sorgen ebenfalls dafür, dass der Konsument aufgrund dieser Empfehlungen häufiger bestellt. Dadurch steigt ebenfalls der Gesamtumsatz pro Pizzeria.

Wir haben also soeben gesehen, dass Pizzerien mehr Umsatz durch drei Faktoren erwirtschaften:

  1. Leute, die nicht gerne telefonieren, bestellen nur/öfter über Internet
  2. Zentrale Werbung sorgt ebenso für häufigere Bestellungen
  3. Das Bewertungssystem animiert die Konsumenten ebenfalls zu zusätzlichem Umsatz

Die Bestellplattformen wiederum konkurrieren nun darum, eine vorherrschende Stellung im Markt zu bekommen, um den Pizzerien die Konditionen zu diktieren und dadurch die Vorteile der Pizzerien in Vorteile für die Plattform zu verwandeln. Wenn kein Vermittler eine vorstehende Marktposition hat, also Lieferservice, Lieferando und Lieferheld einen ähnlichen Marktanteil haben, können die Pizzerien zumindest einen Teil des ,,Onlinevorteils” für sich beanspruchen.

Zwei Faktoren sorgen dafür, dass Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung aufbauen können. Auf der einen Seite sind dies Netzwerkeffekte, auf der anderen Seite Wechselkosten. Netzwerkeffekte entstehen dadurch, dass Konsumenten einen größeren Nutzen durch ein Produkt (hier die Bestellplattform) haben, wenn andere Nutzer das Produkt ebenfalls nutzen. Diese entstehen hier vor allem durch das Bewertungssystem, denn eine Kundenbewertung von Pizzerien hilft jedem einzelnen Kunden bei der Entscheidung. Außerdem haben Kunden, die bereits einmal oder mehrere Male über eine Plattform bestellt haben, Wechselkosten, denn sie müssten sich, um bei einer anderen Plattform zu bestellen, zunächst einmal dort anmelden, sich mit der Webseite vertraut machen, etc. Diese beiden Faktoren bewirken, dass Konkurrenten nur mit sehr hohem Aufwand den Markt erobern können, sobald ein Vermittler eine marktbeherrschende Stellung erkämpft hat.

Zusammenfassend sorgen also Netzwerkeffekte und Wechselkosten dafür, dass es sich für die konkurrierenden Internetanbieter lohnen kann, viel Geld in Kundenwerbung (durch Neukundenrabatte) und Kundenbindung (weitere Rabatte) zu investieren, um eine Vormachtstellung im Markt zu erlangen. Diese Vormachtstellung erlaubt es dem entsprechenden Vermittler, den zusätzlichen Gewinn der Pizzerien durch Online-Bestellung abzuschöpfen und für sich zu reklamieren.

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3 Gedanken zu „Eine Analyse des Online-Pizza-Markts“

  1. Ein weiterer Vorteil für den Kunden ist die Möglichkeit, Gerichte unterschiedlicher Herkunft zu bestellen. Die Kollegin möchte Indisch essen, du hast aber Lust auf Pizza? Online kein Problem – sofern die Lieferdienste ordentlich koordiniert werden.

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  2. Also mir ist bislang nicht bekannt, dass die Lieferdienste koordiniert werden. Aber das ist natürlich eine großartige Idee, wenn es im Grunde nur einen zentralen Lieferdienst gibt, der bei allen Pizzerien das Essen abholt und es dann zu den Kunden bringt. Da sind mit Sicherheit hohe Kosten einzusparen. Habe an diesen Punkt ehrlich gesagt gar nicht gedacht.

    Vielleicht wird es in Zukunft ein zentrales Liefersystem geben, wenn sich ein Anbieter durchgesetzt hat. Vielleicht aber es gibt es auch einen unternehmensübergreifenden Lieferdienst, der für Lieferservice, Lieferando und Lieferheld
    die Botenfahrten übernimmt. Oder jeder Anbieter hat sein eigenes Liefersystem, was auch noch nicht effizient wäre 🙂

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