Meine Erfahrungen als Zeitarbeiter (2)

Vielfach kritisieren Leiharbeiter die eigene Zeitarbeitsfirma und Zeitarbeit an sich. Im Zusammenhang mit Zeitarbeit fallen oft die Worte ,,moderne Sklaverei”. Die Zeitarbeitsfirmen werden im selben Atemzug meist Sklavenhändler genannt. Zurecht?

Im ersten Teil meiner Artikelserie zu meinen Erfahrungen mit Zeitarbeit ging es um meine Erfahrungen mit den Betrieben, bei denen ich eingesetzt war. Dieser Teil geht erstmals (und weltexklusiv;)) auf meine Erfahrungen mit meiner Zeitarbeitsfirma ein. Insgesamt habe ich fünf Monate als Helfer in diesem Bereich gearbeitet.

Die ersten 1,5 Monate habe ich in Vollzeit durchgehend in einem Entleihbetrieb gearbeitet. Es war eine recht angenehme Zeit, denn die Leute im Entleihbetrieb waren in großer Mehrzahl freundlich und mit meiner Zeitarbeitsfirma hatte ich in der Zeit kaum Kontakt. Es gab kaum etwas zu besprechen.

Nach diesen 1,5 Monaten arbeitete ich in Teilzeit bei der Zeitarbeitsfirma als Springer. Springer heißt: Sobald irgendwo ein anderer Zeitarbeiter ausfällt oder kurzfristig zusätzlicher Arbeitsbedarf ist, bekam ich einen Anruf. Anfangs war alles recht entspannt, denn ich hatte einige Wochen frei und habe dann gegen Ende des Monats etwa 14 Tage in Vollzeit gearbeitet. Die Arbeit an sich war zwar noch stumpfer als sonst und bestand darin, Waren auf einen LKW zu laden bzw. diese innerhalb der Firma umherzuschleppen, aber ok.

Anrufe zur jeder Zeit und Einsätze in anderen Städten

Zeitarbeit Collage
Zwei Zeitarbeiter bei der Maloche.

Laut Arbeitsvertrag hatte man in der arbeitsfreien Zeit von 8-9.30 Uhr und 16-17.30 Uhr für die Zeitarbeitsfirma erreichbar zu sein. Die Zeitarbeitsfirma hielt sich jedoch in keinster Weise an diese Zeiten: Einmal bekam ich einen Anruf um kurz nach 7 Uhr morgens, dass ich in einer Stunde arbeiten müsse. Insgesamt erreichten mich häufig Anrufe, dass ich bitte in einer Stunde bei Firma xy mit der Arbeit beginnen sollte. Erst nach mehreren Monaten als Springer wurde mir bewusst, dass ich nicht ständig erreichbar sein musste. Dementsprechend bin ich dann auch nicht immer an mein Handy gegangen.

Ebenso nervig war, dass die Einsätze auch oft in mehr als eine halbe Stunde entfernten Städten stattfanden. Da ich kein eigenes Auto besitze, wurde ich dann von einem anderen Zeitarbeiter mitgenommen oder von einer Mitarbeiterin der Zeitarbeitsfirma zu meinem Einsatzort gebracht. Mehrere Male war ich auch mit einem anderen Zeitarbeiter in Mülheim. Der Witz an der Sache: Ohne Nachfrage gab es die Zeit der Anreise nicht als Arbeitszeit bezahlt. Die Zeitarbeiter, die mich mit ihrem eigenen PKW mitnahmen, bekamen ohne eigene Nachfrage nicht einmal die Fahrtkosten erstattet. Selbst als ich sagte, dass ich die Fahrtkosten bezahlt haben möchte und mir dies zugesichert wurde, trickste der Arbeitgeber und bezahlte lediglich eine geringe Fahrtkostenpauschale.

Miese Tricks und Geringschätzung der Belegschaft

Apropos Tricks: Laut meinem Arbeitsvertrag sollte ich 80 Stunden pro Monat garantiert bezahlt bekommen. Als ich in einem Monat weniger als 80 Stunden gearbeitet hatte, wurde mir ein rückwirkender Antrag auf unbezahlten Urlaub vorgelegt, damit die Zeitarbeitsfirma weniger Stunden bezahlen musste. Als ich fragte, warum ich diesen unterschreiben solle, sagte mir der Chef: ,,Wenn nicht, dann müssen Sie in der Nachbarstadt die Zeit nacharbeiten.” Eine haltlose Drohung, was ich aber leider zu der Zeit als gutgläubiger Mensch nicht erkannte und deshalb unterschrieb.

Möglich wurde der Trick mit dem unbezahlten Urlaub erst, weil die Zeitarbeitsfirma das Gehalt für den abgelaufenen Monat erst am 20. des Folgemonats zahlte. So bleibt also auch nach Ende eines Monats genug Zeit für den Arbeitgeber, um durch unfaire Tricks ein wenig Geld einzusparen.

Grundsätzlich scherte sich die Zeitarbeitsfirma in keinster Weise um das Interesse der Belegschaft. An einem Tag habe ich mit einem Kollegen gearbeitet, der sich bei einer anderen Tätigkeit vor etwa einer Woche einen Nerv eingeklemmt hatte und deshalb von seinem Arzt ein Verbot bekommen hatte, schwere Gegenstände zu heben. Die Zeitarbeitsfirma hatte er davon unterrichtet. Und wo wurden wir hingeschickt? Zu einer Firma, wo wir beide den ganzen Tag 20 Kilo-Säcke heben, aufschneiden und leeren durften. Ein anderer Kollege hatte bei unserem Brötchengeber gesagt, dass er mit zwei bestimmten Kollegen nicht gemeinsam arbeiten wolle. Eines morgens jedoch hatte er mit einem der beiden einen gemeinsamen Einsatz und musste den Typen auch noch in seinem PKW mit zurück nehmen. Hinterher meinte ein Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma entschuldigend, man habe sich zu spät an den Wunsch des Mitarbeiters erinnert.

Nach einiger Zeit nervte mich die Tatsache gewaltig an, dass jederzeit ein Anruf vom Sklavenhändler Chef kommen konnte. Man konnte zwar ab und an Termine durchgeben, zu denen man nicht arbeiten konnte, dennoch ließen sich oft Dinge nicht längerfristig planen, vor allem nicht in den Abendstunden. Zudem nervte allein der Umstand, dass man jederzeit einen Anruf bekommen konnte, der sofortige Arbeit bedeutete.

Der dritte Teil über meine Erfahrungen als Zeitarbeiter handelt von meiner spektakulären Nachtschicht auf der Autobahn.

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