Politische Wahlen: Macht die Wahlbeteiligung des Einzelnen Sinn?

Heute wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Mehrere Millionen wahlberechtigte Menschen haben die Möglichkeit, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Aber ist es für den Einzelnen überhaupt sinnvoll, wählen zu gehen oder sollte er besser zuhause bleiben? Was spricht dagegen und was dafür? Eine Analyse, die über den Einzelnen hinausdenkt…

Das Entscheidungsproblem des Einzelnen, ,,zur Wahl gehen oder nicht” ist ein Ökonomisches. Der Mensch stellt, wenn auch oft nicht bewußt,  eine Kosten-/Nutzenrechnung auf: Welche Kosten habe ich, wenn ich zur Wahl gehe und was ist mein Nutzen?

Zu den Kosten der Wahl gehört in jedem Fall die Fahrt zum Wahllokal (Sprit, Zeit). Wenn der Bürger seinen Wahlauftrag sehr ernst nimmt, dann kommen noch die Kosten der Information dazu: Der Bürger vergleicht dann die Wahlprogramme der Parteien, legt für sich selber Schwerpunktthemen fest, bewertet die Spitzenkandidaten der Parteien und hat am Besten auch strategische Asprekte im Blick. Zu den strategischen Aspekten gehört etwa: Wie kommt meine Erststimme am Besten zur Geltung? (Hintergrund ist der, dass nur der Kandidat mit den meisten Stimmen in den Landtag einzieht) Oder auch: Welche Koalitionen wird die von mir gewählte Partei bilden?

Diese Kosten vergleicht der Wähler mit seinem Nutzen: Im engen Sinne besteht der Nutzen des Wählers in seinem politischen Einfluß. Bei Millionen Wählern ist dieser Einfluß verschwindend gering, d.h. der Nutzen für den Wähler ist ebenfalls nahe 0.

Aus dieser engeren Kosten-/Nutzenrechnung folgt für den Wähler, dass er zuhause bleibt oder maximal, wenn er bei einem Sonntagsspaziergang zufällig am Wahllokal vorbeikommt, kurz hineingeht und seine zwei Kreuzchen macht. Sich zu informieren kommt in diesem Fall jedoch nicht in Betracht.

Bild: In Deutschland mehrheitlich begrüßt: Die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama

Vermutlich ist der Nutzen des Wählers jedoch größer als sein politischer Einfluss. Der Wähler könnte ein Interesse daran haben, seiner Wut über die etablierten Parteien Luft zu machen, indem er aus Protest die Piratenpartei wählt. Oder er könnte es genießen, dass, wenn am Abend die Wahlberichterstattung läuft, auch ,,über ihn berichtet wird”.

Der wichtigste Nutzenfaktor entsteht für die allermeisten Menschen, die zur Wahl gehen jedoch vermutlich durch folgene Argumentation: Wir können uns glücklich schätzen, in einer Demokratie zu leben und haben deshalb die Pflicht unsere Zustimmung über diese Staatsform zum Ausdruck zu bringen. Wenn viele Menschen denken, dass sie keinen Einfluß haben, dann profitieren die extremen Parteien von dieser Einstellung und dies ist schädlich für die Demokratie. Diese Argumentation nenne ich das Idealismus-Argument.

Dabei ist interessant: Der Einfluss des einzelnen Wählers steigt mit jedem Menschen, der aufgrund seines geringen Einflusses nicht zur Wahl geht.

Zusammenfassend lässt sich also Folgendes sagen: Der einzelne Wähler kann davon ausgehen, dass die Bedeutung seiner Stimme für die Regierungsbildung verschwindend gering ist. Dem stehen nicht unerhebliche Kosten gegenüber, vor allem wenn sich der potenzielle Wähler vorher informieren möchte. In diesem engeren Rahmen ist es rational, nicht wählen zu gehen. Jedoch wird für viele Wähler das Idealismus-Argument eine wichtige Rolle spielen: Jeder einzelne Bürger steht in der Verantwortung, unsere Demokratie durch seine aktive Beteiligung zu bewahren.

So, nun gehe ich wählen und ich empfehle jedem Einzelnen, ebenfalls zu einer hohen Wahlbeteiligung beizutragen.

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2 Gedanken zu „Politische Wahlen: Macht die Wahlbeteiligung des Einzelnen Sinn?“

  1. Hey, die Piraten werden nicht nur aus Protest gewählt. Die werden gewählt, weil sich viele Menschen in den top-down Parteien nicht wiederfinden und es bei den Piraten andere Strukturen gibt.

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  2. In unserer Gesellschaft gehört es halt zum guten Ton wählen zu gehen und Nichtwähler werden oft als unvernünftig und desinteressiert bezeichnet. Dabei sind es gerade Aussagen wie “jede Stimme zählt” die völlig absurd sind. In den meisten Fällen ist es nämlich individuel rational nicht wählen zu gehen.

    Von daher, Daumen hoch. Guter Artikel!

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