Mit dem Jahr 2015 fand in Deutschland der Mindestlohn Einzug ins Gesetz. Mindestens 8,50 Euro brutto erhielten Arbeitnehmer ab diesem Jahr.
Wie hat sich der Mindestlohn bisher entwickelt und welche Auswirkungen hat er auf den Arbeitsmarkt?
Eine Mindestlohnkommission soll alle zwei Jahre über die Höhe des Mindestlohns befinden und dessen Höhe anpassen. So stieg dieser zum Januar 2017 auf 8,84 Euro, ab 2019 wurde er erneut erhöht auf nun 9,19 Euro. Dabei gibt es jedoch einige Berufsgruppen, die von der Mindestlohnpflicht ausgenommen sind. Pflichtpraktikanten zählen beispielsweise dazu, ebenso Auszubildende.
Selbständige müssen anders rechnen
Für Freiberufler gelten die Vorschriften des Mindestlohngesetzes ebenso wenig. Gerade in der Callcenter-Branche werden Menschen oft als Selbständige beschäftigt. Teilweise werden feste Vergütungen über dem Mindestlohn gezahlt. Für viele dieser Beschäftigten hört sich Honorar von 10 Euro zunächst einmal viel an. Allerdings ist dies eine Bezahlung, die deutlich unter dem Mindestlohn liegt. Ein Selbständiger muss sich nämlich selbständig versichern (Krankenkasse, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung). Zudem erhält er keine Bezahlung im Krankheitsfall und auch einen eventuellen Urlaub muss er aus eigener Tasche bezahlen. Ich habe in einem anderen Artikel einmal ausgerechnet, dass ein Selbständiger eine Vergütung von mindestens 13 Euro erhalten muss, um ein Äquivalent zum Mindestlohn eines Angestellten zu erhalten.
Doch zurück zum Mindestlohn: Im nächsten Jahr soll dieser auf 9,35 Euro in der Stunde steigen.
Vor Einführung des Mindestlohns befürchteten viele Wirtschaftswissenschaftler, dass dieser zu einer Zunahme von Arbeitslosigkeit im Niedriglohnsektor führt. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage besagt, dass bei einem steigenden Lohn die Nachfrage nach Arbeitskräften von Seiten der Arbeitgeber zurückgeht. Diese Befürchtung hat sich bislang nicht bewahrheitet. Es herrscht aktuell fast Vollbeschäftigung, auch wenn das Wirtschaftswachstum etwas zurückgegangen ist. Die Problematiken eines Mindestlohns werden sich jedoch nicht in einer Boomphase, sondern während einer Rezession zeigen.
Steigende Anforderungen an die Lohnbuchhaltung
Den Staat freut die Vollbeschäftigung natürlich. Nicht nur die Einnahmen durch die Lohnsteuer und Einkommenssteuer sprudeln dadurch, sondern auch die sozialen Sicherungssysteme nehmen dadurch eine Menge Geld ein. Bei vielen Arbeitgebern jedoch steigen die Anforderungen an die Lohnbuchhaltung und ein passendes Lohnabrechnungsprogramm, schließlich werden durch den seit Jahren steigenden Mindestlohn Minijobs tendenziell unattraktiver. Das liegt daran, dass Minijobber mit zunehmendem Mindestlohn immer weniger Stunden arbeiten können und sich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitgeber mehr lohnen.
Vermutlich wird der negative Effekt eines Mindestlohns auf die Beschäftigung in der Rezession moderat ausfallen, denn andere westliche europäische Länder garantieren einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Luxemburg ist Spitzenreiter mit 11,55 Euro in der Stunde, auch in Frankreich, Niederlande, Belgien und Irland liegt der Mindestlohn über dem deutschen. Mich hat überrascht, dass übrigens in 22 von 28 EU-Staaten mittlerweile ein Mindestlohn gilt. In Osteuropa liegt dieser jedoch weitaus unter dem hiesigen: In Bulgarien etwa liegt er bei nur 1,57 Euro in der Stunde. Auch bei Berücksichtigung des dortigen, viel geringeren Preisniveaus, liegt der Mindestlohn im Osten Europas weit unter dem im Westen.
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